Herausgeber: Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
Sensomotorische Einlagen
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Individuell angepasst an Körper und Beschwerdebild
Aktive Wiederherstellung des natürlichen Bewegungsablaufs der Füße
Videoreportage
Der 12-jährige Rick leidet seit seiner Geburt an Trisomie 21. Trotz einiger Einschränkungen im Alltag ist Rick in der Lage, mit gleichaltrigen gesunden Kindern zu spielen. Ein Grund dafür ist das Tragen sensomotorischer Schuheinlagen.
Rick wurde mit dem Down-Syndrom geboren. Trotz einiger Einschränkungen im Alltag ist Rick in der Lage, mit gleichaltrigen Kindern ohne Behinderung zu spielen. Ein Grund dafür ist das Tragen sensomotorischer Schuheinlagen.
Funktion/Wirkungsweise
Die individuelle sensomotorische Einlage kann folgende Wirkung entfalten:
Ziel ist es, dass der Körper den durch die Einlage verbesserten Bewegungsablauf abspeichert – also langfristig eine Korrektur ohne Einlage zu erreichen. Die Träger der sensomotorischen Schuheinlagen sind außerdem beschwerdefreier und fühlen sich sicherer beim Gehen und Laufen.
FAQ
Sensomotorische Schuheinlagen
Sensomotorische Einlagen sind individuell angepasste Schuheinlagen mit Druckpolstern (Pelotten). Sie können je nach Bedarf der Muskelaktivierung oder -entlastung dienen. Dazu sind die Pelotten so in die Einlage eingearbeitet, dass sie Druck auf ganz bestimmte Muskel- und Sehnengruppen ausüben. Das Nervensystem verarbeitet diese gezielt gesetzten Druckimpulse und aktiviert bzw. deaktiviert die entsprechenden Muskeln oder Muskelgruppen. So lassen sich u.a. Fehlhaltungen korrigieren und das Gangbild stabilisieren. Das erleichtert zum Beispiel Patienten mit neurologischen Erkrankungen das Laufen.
In Deutschland wird diese Art der Einlagen auch propriozeptive oder neurologische Einlagen genannt, international wird der Begriff sensomotorisch wirkende Fußorthose (SMFO) genutzt.
Die Wirkungsmechanismen sensomotorischer Einlagen basieren auf bekannten physiologischen Mechanismen: Die Druckelemente der Einlage wirken auf die Rezeptoren der Muskeln, Sehnen und Gelenke. Sind Muskeln zum Beispiel zu wenig aktiv, ist die Einlage so gestaltet, dass die Strecke vom Muskelursprung bis zum -ansatz verkürzt wird. Dadurch registriert das sensomotorische System eine zu geringe Muskelspannung und sendet einen Nervenbefehl zur Aktivierung des Muskels. Andersherum kann das Relief der Einlage bei überaktiven Muskeln die Sehnenstrecke verlängern. Weil das Nervensystem dadurch eine erhöhte Muskelspannung registriert, werden die entsprechenden Muskeln weniger erregt und somit entspannt.
Ziel ist es, dass der Körper den durch die Einlage verbesserten Bewegungsablauf abspeichert – also langfristig eine Korrektur ohne Einlage zu erreichen.
Sensomotorische Einlagen werden z.B. bei neurologischen Erkrankungen, bei Trisomie 21, Paresen und Spastiken eingesetzt. Sie können motorisch eingeschränkten Patienten helfen, den Gang zu stabilisieren und sich dadurch sicherer und selbständiger zu bewegen. Auch Patienten mit orthopädischen Beschwerden oder Schmerzpatienten erzielen mithilfe der Einlagen eine Schmerzlinderung und Ausbalancierung des gesamten Körpers. Verspannungen vom Kiefergelenk bis zur Hüfte lassen sich vorbeugen. Bei Arthrosen an Knie oder Hüfte kann durch sensomotorische Einlagen mitunter sogar eine Operation vermieden werden.
Der Einsatz sensomotorischer Einlagen ist besonders bei Kindern im Wachstum sinnvoll, da sich die Formentwicklung des Fußes nach der Fußfunktion richtet. Eine besonders wirkungsvolle Therapie zeigen die Einlagen beim kindlichen Knickfuß. Dabei handelt es sich um eine (mitunter kaum sichtbare) Fußdeformität, die vor allem bei Kindern vor dem Grundschulalter auftritt. Erfahrungsberichte zeigen, dass sensomotorische Einlagen hier in kurzer Zeit sichtbare Erfolge erzielen: Gangbild und Motorik verbessern sich deutlich.
Auch bei Sportverletzungen, wie z.B. Bandinstabilitäten oder lokalen Entzündungen haben sensomotorische Einlagen eine positive Wirkung. Hier ist die Trennschärfe zu der Versorgung mit klassischen Einlagen jedoch deutlich geringer.
Klassische Einlegesohlen wirken passiv, sensomotorische hingegen aktiv oder besser gesagt aktivierend: Sensomotorische Einlagen stimulieren das Nervensystem so, dass einzelne Muskeln oder Muskelgruppen angeregt oder entspannt werden. Der Körper wird angehalten, sich selbst zu korrigieren. Im Gegensatz dazu sorgen herkömmliche Einlagen für eine passive Unterstützung und Entlastung.
Auch Anpassung und Fertigung sind unterschiedlich. Herkömmliche Einlagen werden in der Regel aus einem industriell vorgefertigten Rohling hergestellt, der auf Grundlage eines zweidimensionalen Fußabdrucks angepasst wird. Die Anpassung sensomotorischer Einlagen ist aufwendiger und erfordert u.a. eine intensive Untersuchung und Ganganalyse.
Die Anpassung sensomotorischer Einlagen ist vor allem deshalb so aufwendig, weil die Druckpunkte ganz exakt positioniert werden müssen – an welchen Stellen und in welcher Ausprägung ist abhängig vom jeweiligen Krankheitsbild, den Therapiezielen und den individuellen körperlichen Voraussetzungen des Patienten. Für die Anpassung ist zunächst eine intensive Vordiagnostik erforderlich. Unter anderem werden Gelenkstellungen und Beinachsen genau inspiziert. Zudem bedarf es einer Ganganalyse, bei Bedarf auch mithilfe einer Videoanalyse. Besonders wichtig für die exakte Positionierung der Pelotten ist auch das Abtasten des Fußes, die sogenannte Palpation. Der Fuß wird zudem aufwendig vermessen. Nach Konstruktion und Fertigung folgen Anprobetermine und Nachkontrollen.
Professionell gefertigte sensomotorische Einlagen nach Maß gibt es ausschließlich bei entsprechend ausgebildeten Fachleuten.
Da der Begriff „Sensomotorik“ nicht geschützt ist, gibt es vereinzelt Händler, welche die Einlagen ohne die notwendige persönliche Anpassung anbieten. So gibt es zum Beispiel Online-Händler, die die erforderliche Vordiagnostik, Untersuchung, Ganganalyse etc. auslassen und Patienten lediglich auffordern, einen selbst angefertigten Fußabdruck anzufertigen und einzuschicken. Dadurch fehlt es bei der Anpassung nicht nur an der nötigen Präzision und die Qualität leidet, falsch angepasste Einlagen können auch erheblichen Schaden anrichten. Patienten sollten daher darauf achten, einen ausgebildeten Orthopädie-Schuhtechniker aufzusuchen, bei dem eine persönliche Betreuung und Anpassung vor Ort gewährleistet ist.
Weil das Anfertigen sensomotorischer Schuheinlagen sehr komplex ist und ein hohes Maß an Präzision und Know-how erfordert, ist eine entsprechende Weiterbildung notwendig. Zum Beispiel wird in Nordrhein-Westfalen eine anerkannte Schulung vom Innungsverband Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen organisiert. Die intensive Weiterbildung besteht aus vier Teilen, die alle erfolgreich abgeschlossen werden müssen. Erst dann erhalten Teilnehmende ein entsprechendes Zertifikat als Nachweis ihrer Kenntnisse. Außerdem führt die Gesellschaft für Haltungs- und Bewegungsforschung (GHBF) Weiterbildungen zum Thema Sensomotorik für Ärzte durch.
Der genaue Preis variiert, da es sich um ein individuell gefertigtes Hilfsmittel handelt und der Aufwand für die nötige Befundung, Anpassung und Fertigung von Patient zu Patient unterschiedlich ist. In der Regel liegt die Preisspanne zwischen 200 Euro und 300 Euro.
Bislang werden die Kosten leider nur von wenigen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. So hat etwa die pronova BKK den positiven Nutzen der sensomotorischen Einlagen für ihre Versicherten erkannt und die Versorgung daher als Kassenleistung angesehen. Damit die Kosten übernommen werden können, ist eine ärztliche Verordnung obligatorisch.
Andere gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht und geben als Begründung an, dass die positiven Erfahrungen von Ärzten und Patienten nicht als Evidenz ausreiche. Dabei gibt es zwar eine Vielzahl an positiven Erfahrungsberichten und einzelnen Fallstudien, jedoch keine ausreichend umfangreiche Studie, welche die Langzeiterfolge zeigt.
Jein. Es gibt es eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten, die einen positiven Effekt der sensomotorischen Einlagen darlegen, zum Beispiel im Hinblick auf den kindlichen Knickfuß (Bernius 2010), die Sprunggelenkstabilität (randomisierte Studie von Baur et al.) und ein innenrotiertes Gangbild (Mabuchi et al.). Allerdings ist keine dieser Abhandlungen eine klinische Studie der sogenannten Evidenzklasse Ia. Mit Hilfe von Evidenzklassen (Ia bis IV) wird in der Medizin die wissenschaftliche Aussagefähigkeit klinischer Studien erfasst – je höher die Klasse, desto breiter die wissenschaftliche Basis. Grund für das Fehlen sind vor allem die immensen Kosten: Eine medizinische Studie, die als Nachweis für die Krankenkassen gelten könnte, würde sehr hohe Kosten verursachen. So gibt es bislang keine Studie, die etwa den Langzeiterfolg der Einlagen zeigt und dies bei verschiedenen Krankheitsbildern.
Erfahrungsberichte von Patienten, Ärzten, Therapeuten und Orthopädie-Schuhtechnikern zeigen, dass die Einlagen zu einer Verbesserung der Körperhaltung führen. Die Träger der sensomotorischen Schuheinlagen sind außerdem beschwerdefreier und fühlen sich sicherer beim Gehen und Laufen.
Mitgliedsbetriebe mit Zertifikat
Die pronova BKK und der Innungsverband für Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen haben sich auf ein Schulungskonzept für sensomotorische und neurologische Einlagensysteme verständigt, welches eine intensive Weiterbildung und zudem eine jährliche Fortbildung vorsieht. Sie besteht aus vier Teilen, die alle erfolgreich abgeschlossen werden müssen. Erst dann erhalten Teilnehmende ein entsprechendes Zertifikat als Nachweis ihrer Kenntnisse. Nachstehend haben wir die Mitgliedsbetriebe gelistet, die das Schulungskonzept erfolgreich absolviert haben.
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